Als junger Mann erhielt Heschel in Polen eine gründliche religiöse Ausbildung und wurde zum Rabbi ordiniert. Bald darauf zog es ihn nach Deutschland, wo er an der Berliner Universität studierte und promovierte. Gleichzeitig schrieb er sich an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums ein und unterrichtete schließlich auch dort.
Doch als die Nazis an die Macht kamen, änderte sich alles. 1938 wurde er nach Polen abgeschoben und musste von dort aus vor der Verfolgung durch die Nazis fliehen. Über Umwege – zuerst nach England, dann weiter in die USA – entkam er der Verfolgung.
In Amerika fand Heschel am Hebrew Union College und später am Jewish Theological Seminary of America eine neue Heimat. Dort lehrte er jüdische Ethik und Mystik und schrieb wichtige Werke über das Judentum. Seine Bücher, wie „Man Is Not Alone“ und „God in Search of Man“, sind bis heute einflussreich. Sie zeigen, dass Religion für Heschel mehr war als Tradition: eine lebendige Beziehung zwischen Gott und Mensch.
Glaube in Aktion
Heschel verstand seinen Glauben als Auftrag zum Handeln – dies manifestierte sich deutlich in seinem politischen Engagement. Sein Glauben trieb ihn an die vorderste Front der Bürgerrechtsbewegung in den USA. An der Seite von Martin Luther King Jr., mit dem er eine tiefe spirituelle und politische Verbundenheit teilte, marschierte Heschel im Jahr 1965 in Selma, um gegen die systematische Unterdrückung und Diskriminierung der afroamerikanischen Bevölkerung zu demonstrieren. Diese Erfahrung beschrieb er als ein Gebet mit den Füßen. Für Heschel waren Gerechtigkeit und Freiheit nicht nur zentrale jüdische Werte, sondern universelle Prinzipien, die er mit Nachdruck in der Öffentlichkeit vertrat.
Seine Friedensliebe und sein Streben nach Gerechtigkeit brachten ihn ebenfalls dazu, eine kritische Haltung gegenüber dem Vietnamkrieg einzunehmen. Heschel betrachtete diesen Konflikt als moralisches Versagen Amerikas, ein Krieg, der sowohl in der Zerstörung von Leben als auch im Missbrauch von Freiheit und Ethik gipfelte. Er war nicht nur ein lauter Gegner des Krieges, sondern er versuchte auch, durch sein Wort und sein Wirken, die amerikanische Gesellschaft zu einem Umdenken zu bewegen – getrieben von dem Wunsch, ein Zeichen gegen die Entfremdung des Menschen von den göttlichen Prinzipien der Liebe und des Mitgefühls zu setzen.
Heschels Vermächtnis ist ein Zeugnis dafür, dass Glaube Hand in Hand mit mutigem Handeln gehen kann. Er lehrte uns, dass kein Mensch eine Insel ist und dass unsere religiösen Überzeugungen uns verbinden und uns dazu aufrufen, für eine gerechtere Welt zu kämpfen.
“Denk daran, es gibt einen Sinn jenseits des Absurden. Lass uns sicher sein, dass jede kleine Tat zählt, dass jedes Wort Macht hat, dass wir alle unseren Teil dazu beitragen können, die Welt zu erlösen.”