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Alexander Guttmann

Alexander und Manya Guttmann, 1938 in Berlin. - Item F 1959 (Detail). © Leo Baeck Institute New York

Alexander Guttmann, geboren 1904 in Budapest, war ein Gelehrter, der zum Talmud forschte.

Er erhielt sein rabbinisches Diplom und seinen Doktortitel in Breslau. Ab 1935 lehrte er Talmud an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin und war bis 1940 dort tätig. In dieser Zeit ordinierte er zahlreiche Absolventen zu Rabbinern.

1940, angesichts der zunehmenden Gefahr in Europa, floh Guttmann mit seiner Familie in die Vereinigten Staaten. Dort wurde er Professor für Talmud am Hebrew Union College in Cincinnati, Ohio. Während seiner langjährigen Lehrtätigkeit verfasste er mehrere wichtige Werke und Artikel, darunter „Das redaktionelle und sachliche Verhältnis zwischen Mischna und Tosephta“ (1928) und „Rabbinic Judaism in the Making“ (1970).

Guttmann war auch in verschiedenen jüdischen wissenschaftlichen Organisationen aktiv und erhielt für sein Engagement zahlreiche Auszeichnungen, darunter ein Guggenheim-Stipendium. Er war ein leidenschaftlicher Amateurfotograf und unternahm häufige Reisen nach Israel und Europa. Guttmann starb 1994 in Cincinnati, Ohio.

Die Rettungsaktion und ihre Folgen

Als Guttmann 1940 Deutschland verließ, nahm er einige Bücher der Hochschulbibliothek mit sich. Wie Guttmann sich Jahre später erinnerte, waren es die Bibliotheksleiterin Jenny Wilde und Heinrich Veit Simon, Vorstand des Kuratoriums, die ihm 60 der wertvollsten Bücher der Hochschule anvertrauten, um sie zu retten. Guttmann versteckte sie unter den Büchern seiner privaten Bibliothek und schmuggelte sie erfolgreich außer Landes. Dank dieser mutigen Aktion konnte ein Teil des kulturellen Erbes der Hochschule noch kurz vor dem Raub der Hochschule-Bibliothek durch die Nazis ins Ausland gerettet werden.

Guttmann behielt die geretteten Bücher und entschied sich 1984 dazu, die Bücher der Hochschule öffentlich zu versteigern. Als dies bekannt wurde, kam es zu einem Rechtsstreit. Der Verkauf beim Auktionshaus Sotheby’s wurde durch Einsprüche von Überlebendengruppen sowie jüdischen Bildungs- und Kultureinrichtungen blockiert. Sie stellten in Frage, ob Guttmann das Recht habe, diese Bücher zu verkaufen. Denn um einen Gegenstand verkaufen zu können, muss der Verkäufer ihn besitzen. Genau das war aber die Frage: Wem gehörten die Bücher der Hochschule, nachdem es keine Hochschule mehr gab? Da Alexander Guttmann sie unter großer Gefahr außer Landes geschmuggelt hatte, hatte er da nicht ein Recht auf sie? Oder sollten diese Bücher lieber von einer öffentlichen Einrichtung aufbewahrt werden? Der Streit wurde 1985 durch eine Einigung zwischen der Familie Guttmann und dem Generalstaatsanwalt von New York beigelegt. Die eigens zu diesem Zweck gegründete Judaica Conservancy Foundation übernahm die umstrittenen Bücher und übergab sie öffentlichen Kultureinrichtungen in den USA, England und Israel. Der Familie Guttmann wurde eine Entschädigung gezahlt.

Alexander Guttmanns Geschichte ist ein Beispiel für die schwierigen und bisweilen undurchschaubaren Entscheidungen, mit denen Menschen während und auch nach der Zeit der Verfolgung durch die Nationalsozialisten konfrontiert waren .

Wenn du mehr über Alexander und Manya Guttmann erfahren möchtest, hör dir das Interview aus der "Oral History Collection of the Research Foundation for Jewish Immigration, New York" an. Es wurde vom Leo Baeck Institute New York digitalisiert und gehört zu einer Sammlung von über 200 Interviews mit Menschen, die in den späten 1930er Jahren aus Europa in die USA geflohen sind. Diese Gespräche wurden in den 1970er Jahren geführt. Hier findest du den Link zum Interview mit Alexander und Manya Guttmann: